Wunder geschehen! Kehrtwende zum Frieden?

Veröffentlicht am 9. Juli 2023 um 20:01

Wenn an diesen Ausführungen in dem Beitrag von Dr. Peter F. Mayer wirklich etwas dran ist - und es sieht ganz danach aus - dann könnte der Kipppunkt zum Ende des Ukrainekriegs erreicht sein! Denn einige hier erwähnten Beteiligten waren bisher anderer Meinung. Man kann sich natürlich fragen, weshalb sie ihre Meinung geändert haben, aber zuvorderst spielt nur eine Rolle, dass sie eine Kehrtwende fordern. Und sie sind nicht irgendwer, sie steuern die US-Außenpolitik seit Jahrzehnten!

Es liest sich, als wäre ein Wunder geschehen - und diese, das wissen wir, geschehen :)) - wenn das stimmt, wäre es einfach nur fantastisch!

Sie sehen die globale Sicherheit zuvorderst von der NATO und damit den USA gefährdet und gehen sogar soweit, zu verlangen, dass man jetzt auf dem kommenden NATO-Gipfel spätestens der Ukraine aus Sicherheitsgründen und aufgrund strategischer Interessen die Tür zur NATO endgültig verschließen muss!

"Die Staats- und Regierungschefs der NATO wären gut beraten, auf dem Gipfel von Vilnius und darüber hinaus diese Tatsachen anzuerkennen und der Ukraine die Tür zu verschließen."

J. Logan, J. Shifrinson

Darüber hinaus wird auch in diesem Beitrag noch einmal klargestellt, dass das Narrativ, Russland sei eine militärische Bedrohung für NATO- oder EU-Länder einfach nur abstrus ist. Dazu passt auch sehr gut der von mir heute erst eingestellte Artikel von David Goeßmann zum NATO Vilnius Summit 2023, in dem er auch feststellte, dass "die US-Planer in Russland überhaupt keine militärische Bedrohung, sondern eine ideologische und politische sehen" und er verwies dabei auf die Ausführungen von George Kennan.

Da also dieser Artikel überaus hoffnungsvoll stimmt, sehr interessant auch aufgrund der weiterführenden Links ist und im Übrigen aussagt, was Noam Chomsky, Jeffrey D. Sachs und viele weitere Personen seit Langem (inklusive uns) betonen, übernehme ich ihn hier im Ganzen:

"US-Eliten wollen Ukraine nicht in der NATO und Ende der Unterstützung"

Die Aufnahme der Ukraine wird ein zentrales Thema der nächsten NATO-Konferenz sein, die am 11. und 12. Juli in Vilnius stattfindet. Nach 1991 haben die USA die NATO entgegen ihren mündlichen Zusicherungen massiv ausgeweitet, bis an die Grenzen von Russland. Erst kürzlich wurde Finnland mit einer über 1000 km langen Grenze zu Russland jüngstes NATO Mitglied. Die Mitgliedschaft der Ukraine (und von Georgien) ist seit der Konferenz in Bukarest im Jahr 2008 geplant. Doch nun scheinen die bestimmenden Kräfte in den USA davon Abstand nehmen zu wollen.

Das 1921 gegründete Council on Foreign Relations (CFR) steuert die Außenpolitik der US und bestimmt die Präsidenten und entscheidenden Politiker. Ableger gibt es weltweit, wie etwa in Europa die Bilderberg-Gruppe, während für Ostasien vom früheren CFR-Präsident David Rockefeller und CFR-Direktor Zbigniew Brzezinski 1972 zusätzlich die Trilaterale Kommission gegründet wurde. Mehr dazu kann man in der exzellenten Analyse auf Swiss Policy Research nachlesen.

Die Einschätzungen und Beschlüsse werden meist über das Magazin „Foreign Affairs“ kommuniziert, weniger häufig auch über „Foreign Policy“ oder „National Interest“. Der am Freitag erschienene Artikel mit dem Titel Don’t Let Ukraine Join NATO – The Costs of Expanding the Alliance Outweigh the Benefits (Lasst die Ukraine nicht der NATO beitreten – Die Kosten der Bündniserweiterung überwiegen den Nutzen) gibt die neue Marschrichtung vor, an die sich die Biden Regierung halten wird.

Die getroffenen Aussagen passen gut zusammen mit einem Artikel in der New York Times über den bisherigen Präsidenten des Council on Foreign Relations Richard N. Haass. Der Titel To Foreign Policy Veteran, the Real Danger Is at Home (Für den Veteranen der Außenpolitik liegt die wahre Gefahr im eigenen Land). Darin heißt es unter anderem:

Richard N. Haass sieht die größte Gefahr für die globale Sicherheit in den Vereinigten Staaten.“

Dazu weiter unten noch mehr. Zurück zur Ukraine und NATO. Die Autoren des Policy Affars Artikels, Justin Logan, Director of Defense and Foreign Policy Studies im Cato Institute und Joshua Shifrinson, Associate Professor an der University of Maryland Senior Fellow am Cato Institute, machen gleich zu Beginn an klar, was die Biden Regierung zu tun hat. Das Cato Institute ist übrigens eine der einflussreichsten ökonomisch-politischen Denkfabriken der USA. Es wurde von Edward H. Crane, Murray Rothbard und Charles G. Koch 1977 gegründet.

Die Ukraine sollte nicht in die NATO aufgenommen werden, und das sollte auch US-Präsident Joe Biden klarstellen.

Kiew hat sich heldenhaft gegen die russische Aggression gewehrt, aber letztlich tun Staaten das, was in ihrem eigenen Interesse liegt. Und hier verblasst der sicherheitspolitische Nutzen eines ukrainischen Beitritts für die Vereinigten Staaten im Vergleich zu den Risiken, die mit der Aufnahme der Ukraine in das Bündnis verbunden sind. Die Aufnahme der Ukraine in die NATO würde die Aussicht auf eine düstere Entscheidung zwischen einem Krieg mit Russland und den damit verbundenen verheerenden Folgen oder einem Rückzug und einer Abwertung der Sicherheitsgarantie der NATO für das gesamte Bündnis eröffnen. Die Staats- und Regierungschefs der NATO wären gut beraten, auf dem Gipfel von Vilnius und darüber hinaus diese Tatsachen anzuerkennen und der Ukraine die Tür zu verschließen.“

Sie erklären weiter, dass die Beitritts-Befürworter keine klaren strategischen Interessen und Vorteile für die USA definieren konnten. Explizit steht da, sie haben die auf dem Spiel stehenden strategischen Interessen der USA nicht deutlich gemacht. Damit wird aber deutlich gemacht, dass die NATO nur die strategischen Interessen der USA zu beachten hat, die Interessen der europäischen NATO-Mitglieder interessieren nicht weiter.

Die Einschätzungen der militärischen Entwicklungen und ihre Folgen im Artikel dienen dem Argument. Russland wird als militärisch völlig unbeachtlich dargestellt: Es wird Jahrzehnte dauern, bis Russland sein Militär wieder in den schäbigen Zustand aufgebaut hat, in dem es sich offenbar befand, als Putin den Krieg begann. Weiter wird ausgeführt, dass selbst wenn Russland Odessa als zweiten Schwarzmeer-Hafen bekommt, es noch immer schwächer wäre als die europäischen NATO-Mitglieder. Auch der Super-Falke Robert Kagan, Ehemann der US-Vizeaußenministerin Victoria Nuland, wird zitiert, dass selbst die Besetzung der Ukraine keine unmittelbare oder auch nur entfernte Auswirkung auf die amerikanische Sicherheit hätte.

Die Idee, dass Russland eine Gefahr ist, sei ziemlich außerirdisch:

Die Vorstellung, dass Russland eine ernsthafte Bedrohung für Polen, geschweige denn für Frankreich oder Deutschland darstellen könnte, ist abwegig. In Verbindung mit dem US-Atomwaffenarsenal und dem Atlantischen Ozean wird deutlich, dass Washington mit der Einladung an die Ukraine, der NATO beizutreten, nur wenig gewinnen kann.“

Weiter wird darauf hingewiesen wie sehr die Stimmung zwischen Russen und Ukrainern aufgeheizt ist. Es gebe kaum noch Möglichkeiten für Diplomatie. Der Konflikt könne jederzeit wieder ausbrechen, wird argumentiert. Und dann habe die USA ein Problem:

Wäre die Ukraine in der NATO, könnten die Vereinigten Staaten dazu gedrängt werden, die Ukraine zu verteidigen, indem sie Truppen entsenden und sogar mit dem Einsatz von Atomwaffen im Namen der Ukraine drohen. Amerikanische Politiker hoffen vielleicht, künftige russische Aggressionen gegen die Ukraine abzuschrecken, indem sie Kiew den Weg in die NATO ebnen,

aber dadurch besteht die reale Möglichkeit, dass die Vereinigten Staaten in ein Szenario hineingezogen werden, das Biden als “Dritten Weltkrieg” bezeichnet hat.“

Käme die USA aber ihrer Beistandspflicht gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrags nicht nach, „würden andere verwundbare NATO-Verbündete wie die baltischen Staaten natürlich die Stärke der Sicherheitsverpflichtungen des Bündnisses in Frage stellen, die durch die amerikanische Militärmacht gestützt werden. Eine echte Glaubwürdigkeitskrise für die NATO könnte die Folge sein.“

Auch die finanziellen Folgen wären unerwünscht, ja man sieht offenbar auch so keine Möglichkeit mehr, die derzeitige Unterstützung noch länger fortzusetzen.

Es stellt sich auch die Frage nach den Kosten für die Verteidigung der Ukraine. Die NATO hat bereits jetzt Schwierigkeiten, die konventionellen Streitkräfte und Einsatzkonzepte zu finden, die sie benötigt, um die bestehenden Verpflichtungen des Bündnisses zu erfüllen. Der Krieg in der Ukraine hat deutlich gemacht, dass moderne Konflikte hoher Intensität zwischen konventionellen Streitkräften unglaubliche Mengen an Ressourcen verschlingen. Vor diesem Hintergrund würde die Einladung an die Ukraine, der NATO beizutreten, die Kluft zwischen den Verpflichtungen des Bündnisses und seinen Fähigkeiten noch verschärfen.“

Auch die USA sehen sich vor größeren Herausforderungen zu Hause und in Asien. Mit der Ukraine in der NATO müsste Washington Ressourcen von höheren Prioritäten abziehen: Washington wird Ressourcen von anderen Prioritäten abziehen müssen, von denen einige wohl von größerer Bedeutung sind, oder ein erhöhtes Risiko entlang einer dramatisch erweiterten Ostfront in Kauf nehmen. Und die Kosten würden explodieren, denn Russland würde seinen Kampf noch intensivieren.

Die Schlussfolgerungen sind offensichtlich:

Die USA muss sich aus der Ukraine zurückziehen und sich auf innere Probleme und China konzentrieren.

Nicht zu vergessen, das kommt vom Cato Institute, gegründet unter anderem von einer der einflussreichsten Oligarchenfamilie der Kochs und veröffentlicht im Sprachrohr des CFR.

Daher zurück zu den Aussagen von CFR-Rräsident Haass laut dem NYT-Artikel:

Doch als er nach zwei Jahrzehnten an der Spitze von Amerikas traditionsreichster privater Organisation für internationale Angelegenheiten zurücktritt, ist Haass zu einer beunruhigenden Erkenntnis gelangt. Die größte Gefahr für die Sicherheit der Welt im Moment? Die Bedrohung, die ihn den Schlaf kostet? Die Vereinigten Staaten selbst.

“Wir sind es”, sagte er neulich reumütig.

Ein Gedanke, den dieser globale Stratege bis vor kurzem nie in Erwägung gezogen hätte. Aber für ihn bedeutet der Zerfall des amerikanischen politischen Systems, dass zum ersten Mal in seinem Leben die innere Bedrohung die äußere Bedrohung übertrumpft hat

"Anstatt der zuverlässigste Anker in einer unbeständigen Welt zu sein", so Haass, "sind die Vereinigten Staaten zur größten Quelle der Instabilität und zu einem unsicheren Beispiel für Demokratie geworden.“

Eine Aufnahme der Ukraine in die NATO ist damit wohl auf absehbare Zeit vom Tisch. Der Rückzug von der Ukraine ist offenbar unvermeidlich und wird medial bereits vorbereitet. Der US-Außenminister hatte bei seinem Besuch in China diesen Rückzug bereits durchblicken lassen. Wie und wann er genau passieren wird, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlich wird es genauso überstürzt, fluchtartig und chaotisch vor sich gehen, wie zuletzt in Afghanistan oder vor längerer Zeit in Vietnam.

Wunder gescheh` n!

Auch das Schicksal und die Angst kommt über Nacht. Ich bin traurig und gerade hab ich noch gelacht

und an sowas Schönes gedacht. Und auch die Sehnsucht und das Glück kommt über Nacht und ich will lieben

auch wenn man dabei Fehler macht. Ich hab mir das nicht ausgedacht.

Wunder gescheh`n.

Ich hab`s geseh`n.

Es gibt so Vieles, was wir nicht versteh`n.

Wunder gescheh`n

und ich war dabei.

Wir dürfen nicht nur an das glauben, was wir seh`n.

Und immer weiter,

und immer weiter geradeaus.

Nicht verzweifeln!

Denn da holt dich keiner raus.

Komm steh selber wieder auf.

Wunder gescheh`n.

Ich hab`s geseh`n.

Es gibt so Vieles, was wir nicht versteh`n.

Wunder gescheh`n und ich war dabei.

Wir dürfen nicht nur an das glauben, was wir seh`n.

NENA | Wunder gescheh'n (Live 2018), 19.11.2019

Hier noch 3 der oben verlinkten Artikel:

Lassen Sie die Ukraine nicht der NATO beitreten

USA räumen Niederlage im Krieg gegen Russland und China ein


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Kommentare

ivory2009
Vor 10 Monate

Zweifellos eine schöne Website. Ich freue mich darauf, sie von Zeit zu Zeit zu besuchen, um wichtige Informationen zu erhalten. Nochmals vielen Dank für das schöne Webseitendesign.
https://deutschland-kleinanzeigen.de/

TS
Vor 10 Monate

Herzlichen Dank, ich freu` mich sehr!

Günter Eisenächer
Vor 10 Monate

10.07.2023
Lb. Frau Tanja Stopper,
das liest sich sehr gut, was Sie dort ermittelt u. zusammengetragen haben. schon am Tonfall des NATO-Treffens v. 11./12.07.23 gegenüber der von der Ukraine/Selenskyi verlangten Bekenntnisse zum schnellen NATO-Beitritt werden wir sehen, ob die von Ihne zitierten Kräfte wirklich die US-Politik bestimmen - das erscheint mir angesichts bekannter u. prominenter Namen auch schlüssig, aber erscheint mir noch unsicher u. steht auch (noch) im krassen Widerspruch zum aktuellen pol..-militärischen Handeln der USA in der Ukraine mit immer schwereren u. größeren eskalierenden Waffenlieferungen an Kiew. Ich hoffte sehr, das von Ihnen gewünschte Wunder würde eintreten - aber sie gibt es nur Hin u. Wieder - u. in Sachen Krieg u. Frieden ganz selten, besonders , wenn die Verbissenheit u. der Haß regieren - u. nicht die Vernunft. Ich freue mich jedoch außerordentlich, von Ihnen in diesem noch dazu sehr positivem Kontext Ihrer kompetenten Publikation gehört zu haben. Ihr Wunsch u. Wort in Gottes Ohr !
MfG G. Eisenächer

TS
Vor 10 Monate

Lieber Herr Eisenächer, schön von Ihnen zu hören! Ich hoffe, Ihnen geht es gut, Sie sind ja nach wie vor sehr aktiv beim Manifest. Sie gönnen sich hoffentlich auch mal Pausen!
Und: ja, das hier ist eine 180-Grad-Wende, als ich das zum ersten Mal las, konnte ich es nicht glauben. Dann las ich es ein zweites Mal, recherchierte, las die anderen Artikel dazu... Also Fakt ist nunmal, dass es von diesen Personen publiziert wurde! Jetzt kann man nur hoffen, dass sie dabei bleiben und nicht etwa irgendwelche anderen (ich nenne es mal vorsichtig) "Vorschläge" präsentiert bekommen, die ihre Meinung wieder ändern könnten... Ich habe mir vorgenommen, auch hier wieder gar nicht groß zu spekulieren (nutzt eh nichts), sondern das Ganze aufmerksam zu verfolgen und zu hoffen. Ich hatte es heute schon einmal gesagt: ganz nach Oscar Wilde, denn gut ist hier noch überhaupt nichts.
Viele Grüße zurück!

Magret Bonin
Vor 9 Monate

Liebe Tanja, ja Wunder geschehen. Aber ist/war das auch auf dem Vilnius-Gipfel der Fall?
Der twitter-tweed dazu ist ernüchternd:
"From now on NATO+Ukraine meet in a Council to discuss + decide as equals. Allies reaffirmred that Ukraine will become a member of NATO and agreed to remove the requirement for a Membership Action Plan. So Ukraine is now closer to NATO than ever before. " https://twitter.com/NATOpress/status
Ich kann an dem Gipfel nur 1 Wunder erkennen: Selenskys Ausraster + die Antwort des britischen Außenministers Wallace:
"Die NATO ist nicht Amazon!" (wo alles bestellt werden kann) und sein Hinweis, die Leute erwarteten Dankbarkeit.
https://www.nzz.ch/meinung/der-andere-blick/stockende-offensive-mit-wunschdenken-gewinnt-die-ukraine-nicht-gegen-russland-ld.1748085?
Zeigt die zugesagte Unterstützung mit Streumunition nicht, wie "grenzenlos" die Zustimmung des Westens zum Krieg in der Ukraine ist? Und umgekehrt, wie schwach diese einzelnen Stimmen der Vernunft im Westen sind?
https://eisenhowermedianetwork.org/russia-ukraine-war-peace/?
Tut mir leid, aber... "1 Schwalbe macht noch keinen Sommer". Frieden schaffen ohne Waffen" ist eine unendliche Aufgabe. Bitte weitermachen!