Gedichte für den Frieden

"Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht."

Václav Havel


Geteiltes Leid

Die Rechnung geht nicht auf.
Denn Unendlich durch zwei ist Unendlich.

Der Schatten fällt auf den Schatten
und wirft kein Licht.

Erich Fried

Deswegen muss aus der Spirale ausgebrochen werden...                                                  ...indem das Licht von außen kommt.


Was mich wütend macht,

Konstantin Wecker, 13.10.2022

Weitere rezitierte Gedichte findet Ihr hier:


Der größte Schatz

Ihr Machthaber auf dieser Welt,
was geht in euren Köpfen rum,
besteht das Leben nur aus Geld,
aus ständigem Martyrium?

Ihr sucht immer euren Vorteil,
seid besessen von der Habgier,
schürt ein grenzenloses Unheil,
habt eure Macht nur im Visier.

Menschen leiden, Menschen sterben,
weil ihr absurde Kriege führt,
diese Welt liegt bald in Scherben,
doch ihr bleibt kalt und unberührt.

Frieden zwischen den Nationen!
Was haltet ihr von diesem Satz?
Solch ein Ziel würd sich doch lohnen
und wär der Menschheit größter Schatz.

Horst Rehmann (*1943), dt. Publizist, Maler,

Schriftsteller und Kinderbuchautor

In uns, in uns

Wenn der Friede,
der die Welt wie eine liebende Hand
umspannen soll,
nicht in uns beginnt,

wenn wir nicht begreifen,
dass wir zu einer Familie gehören,
dass jeder von uns Bruder und Schwester,
Mutter, Vater und Kind ist,

dann werden keine Reden und Feiern,
keine Formeln und Anrufe
uns retten vor der Zerstörung,
die auch in uns beginnt.

Ulrich Schaffer (*1942), Fotograf und Schriftsteller

Was es ist

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft.

Es ist was es ist
sagt die Liebe.

Es ist Unglück
sagt die Berechnung.

Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst.

Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht.

Es ist was es ist
sagt die Liebe.

Es ist lächerlich
sagt der Stolz.

Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht.

Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung.

Es ist was es ist
sagt die Liebe.

Erich Fried, österr. Lyriker, Übersetzer und Essayist,

lebte ab 1938 in London im Exil

Nein

Nein
zur Macht, die über
Frieden und Krieg
bestimmt

Nein
zum „Schachspiel“
zwischen
Gewesen und Sein

Nein
zum Narzissmus,
der über
Menschenleben bestimmt

Ja
zum Weltfrieden!
Er ist doch nur
eine Armlänge entfernt.

Otmar Heusch (*1953), Dichter und Aphoristiker

Wünschelrute

Schläft ein Lied in allen Dingen,

die da träumen fort und fort,

und die Welt hebt an zu singen,

triffst du nur das Zauberwort.

Joseph von Eichendorff, war einer der  bedeutendsten Lyriker

und Schriftsteller der dt. Romantik

Viel mehr!

Ein Regentropfen,
Blitze und Donner erhellen die Nacht,
Sehnsüchte erwachen,
Bewusstsein über die Reinheit wahrer Gefühle.

Die Knospe,
erblüht im Strahl der Sonne,
Zärtlichkeiten verspüren,
Frieden umhüllt das Gewissen.

Der Wind,
haucht den Blättern Leben ein,
Geschehenes verstehen,
Verständnis durch Weisheit.

Der Wald,
die Stimme der Natur spricht,
Zufriedenheit empfinden,
Ruhe in einer rastlosen Welt.

Die Liebe,
versponnen durch einen unsichtbaren Faden,
Träume von unendlicher Schönheit,
ein Lächeln verzaubert die Welt

und doch
birgt diese Schönheit Grausamkeit und Leid.

Fee Osa Greif (*1979)

Friedensaufruf

Habt ihr es denn schon vergessen,
wie der Vater fiel im Feld?

„Niemals mehr in diesem Leben!“
dieser Schwur ging um die Welt.

Kriege in entfernten Ländern,
wie leicht seh´n wir drüber hin.

„Nur im Frieden woll´n wir leben“
so stand uns einmal der Sinn.

Doch es brodelt in der Ferne,
näher kommt es mit Gebraus!

„Leute greift schnell zu den Waffen!
Kommt, beschützet euer Haus!“

War es das was ihr einst wolltet,
als ihr riefet: „Nie mehr Krieg!“

Gebt euch brüderlich die Hände,
denn nur so der Friede siegt!

Lasst euch nicht vom „Freund“ missbrauchen,
wenn er noch so tobt und brüllt.

„Wir woll`n Frieden!“ sagt es weiter,
bis dies Wort die Welt umhüllt.

Auch beim Nachbarn spielen Kinder,
wie die deinen, denk daran!

Darum hilf die Welt zu schützen,
dass es Friede bleiben kann.

Christina Telker (*1949), Kindergärtnerin, Hobbyautorin

Frieden für Alle

Frieden wollen alle Menschen,
alle Menschen auf der Welt,
Leute kommt, geht auf die Straßen,
dass der Frieden länger hält!

Immer wieder die Parolen,
„nur der Krieg schafft dies und das“,
dabei wäre es so wichtig,
würden alle Menschen satt!

Reiht euch ein ins Meer des Friedens,
SCHREIT ES LAUT IN DIESE WELT!
Helft den Frieden zu erhalten,
unter unserm Himmelszelt.

Kinder möchten glücklich spielen,
lachen, singen, fröhlich sein,
darum haltet hoch den Frieden,
sagt dem Kriege deutlich „Nein“!

Christina Telker (*1949), Kindergärtnerin, Hobbyautorin

Halte dich fest

am Anker des Friedens

im Hafen der Familie,

wenn du im Meer der

Friedlosigkeit der Welt

nicht versinken willst.

Carl Peter Fröhling (*1933), Dr. phil., dt. Germanist,

Philosoph und Aphoristiker

Wandrers Nachtlied

Über allen Gipfeln
ist Ruh.

In allen Wipfeln
spürest du
kaum einen Hauch.

Die Vögelein schweigen im Walde.

Warte nur, balde
ruhest du auch.

Johann Wolfgang Goethe, war einer der bedeutendsten

dt. Dichter und Naturforscher

Frieden

Frieden

Den ich suche

In Worten

In Taten

Frieden

Den ich suche

Unter Menschen.

Michael Sebörk (*1963), Pädagoge

 

Wenn Licht in der Seele ist,

ist Schönheit im Menschen.

Wenn Schönheit im Menschen ist,
ist Harmonie im Haus.

Wenn Harmonie im Haus ist,
ist Ordnung in der Nation.

Wenn Ordnung in der Nation ist,
ist Frieden in der Welt.

Aus China

 

Geschichtsträchtig

Es ist nur ein Baum
Dieser Punkt in der Landschaft
1940 der Zweite Weltkrieg
Deutsche Soldaten als Besatzer

Unter dem Baum
Haben sich viele geküsst
Die ewige Liebe geschworen
Ringe an die Finger gesteckt

Es ist nur ein Baum
Der viel gesehen hat
1944 weibliche Glatzköpfe
Erschießungen

Im Frühling blühen Rapsfelder
Im Winter liegt Schnee
Verdeckt die Spuren des Krieges
Bis zum nächsten Frühling

Es ist nur ein Baum
Stumm wie seine Verwandten
In der friedlichen Umgebung
Da kann man sich gut erholen


 

Die Kirche steht noch im Dorf
Es gibt ein Kreuz auf dem Hügel
Es gibt einen kleinen Laden
Das Leben ging weiter

Es ist nur ein Baum
Sein Schatten ist lang
Seine Äste sind gefährlich
Da könnte man hängenbleiben

Ich betrachte die Rinde
Ein eingeritztes Herz
1948 nach dem Krieg
Rudolf + Suzette

Es ist nur ein Baum
Und doch ist er älter als alle
Ein Zeuge von damals
Der Bauer will ihn fällen

 

 

Weg mit diesem Schandfleck
Ein neues Dorfimage muss her
Die Kirchturmglocke schlägt
Es ist Viertel nach Zwölf

Es ist nur ein Baum
Ab und zu wird er fotografiert
Fremde aus dem Ausland
Bringen aber fast kein Geld

Ein alter Mann im Dorf
Der kaum mit jemandem spricht
Kennt viele Geschichten
Auch die der Kollaborateure

Es ist nur ein Baum
Ein Strich in der Landschaft
Nicht mehr lange
bald schon Geschichte

René Oberholzer, 2021

Harmonie und Frieden

Es gibt nicht links, es gibt nicht rechts,
Wenn man den Frieden will:
Es gibt nichts Böses, gibt nichts Schlecht's,
Wo Harmonie das Ziel.

Wahre Liebe kennt den Weg,
Will kaum nötigendes Weggelände:
Die Sehnsucht ebnet jenen Steg,
Womit Anmut Verlangen sende...

Zu allen Zeiten, die da waren,
Lockten die Lüste Morgengeister.
Wollen sich das Menschen ersparen,
Wenn jeder Diener auch ein Meister?

Dort heben sich die Willenskräfte
Hinauf in Amors starke Arme,
Mobilisieren Körpersäfte
Und führen Hände, seelenwarme.

So kommt der Frieden in ein Land,
Das Liebesfreuden kultiviert,
Mit Lust, mit Zauber und Verstand
Zur Zweisamkeit sich gerne führt.

Es gibt nicht links, es gibt nicht rechts,
Wenn man den Frieden will!
Es gibt nur Gutes, gibt nichts Schlecht's,
Wo Zärtlichkeit das Ziel.

Hans Hartmut Karg, 2019

Freude, schöner Götterfunken,

Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum.

Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng getheilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Friedrich von Schiller (1759 - 1805), dt. Arzt, Dichter, Philosoph und Historiker; gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker
Quelle: Schiller, F., Gedichte. 1. Strophe "An die Freude" in der überarbeiteten Fassung von 1808

Mensch zu Mensch

Menschen, Menschen alle, streckt die Hände
Über Meere, Wälder in die Welt zur Einigkeit!
Dass sich Herz zu Herzen sende:

Neue Zeit!

Starke Rührung soll aus euren Aufenthalten
Flutgleich wellen um den Erdeball,
Mensch-zu-Menschen-Liebe glühe, froh verhalten,

Überall!

Was gilt Westen, Süden, Nähe, Weitsein,
Wenn Euch eine weltentkreiste Seele millionenfältigt!
Euer Mutter-Erde-Blut strömend Ich- und Zeitsein

Überwältigt!

Menschen! Alle Ihr aus einem Grunde,
Alle, Alle aus dem Ewig-Erde-Schoß,
Reißt euch fort aus Geldkampf, Krieg, der Steinstadt-Runde:

Werdet wieder kindergroß!

Menschen! Alle! drängt zur Herzbereitschaft!
Drängt zur Krönung Euer und der Erde!
Einiggroße Menschheitsfreunde, Welt- und Gottgemeinschaft

Werde!

Gerrit Engelke (1890 - 1918), dt. Arbeiterdichter aus Hannover, gefallen im Ersten Weltkrieg
Quelle: Engelke, G., Gedichte. Entst. 1913, Erstdruck in: Masken. Zeitschrift für Politik, Kunst und Kultur,
hrg. von Hans Franck, 15. Jahrg., H. 8/9 (Februar), Düsseldorf 1920

Frieden

Frieden wünsch ich dir im Kleinen,
Frieden für die ganze Welt.
Kinder soll`n im Frieden spielen
unterm blauen Himmelszelt.

Frieden zwischen Kind und Eltern,
Frieden zwischen Mann und Frau,
Frieden auch im Arbeitsalltag,
dass der Tag erträglich sei.

Frieden auch mit deinem Nachbar,
Frieden selbst mit deinem Feind.
Dass vom Morgen bis zum Abend
allen hell die Sonne scheint.

Frieden, wenn nach langem Leben
du dann schließt die Augen zu.
Dass dich keine Sorgen drücken,
dass du friedlich gehst zur Ruh.

Christina Telker (*1949), Kindergärtnerin, Hobbyautorin

Damit es Frieden in der Welt gibt,

müssen die Völker in Frieden leben.
Damit es Frieden zwischen den Völkern gibt,
dürfen sich die Städte nicht gegeneinander erheben.
Damit es Frieden in den Städten gibt,
müssen sich die Nachbarn verstehen.
Damit es Frieden zwischen Nachbarn gibt,
muß im eigenen Haus Frieden herrschen.
Damit im Haus Frieden herrscht,
muß man ihn im eigenen Herzen finden.

Laotse (vermutlich 6. Jh. v. Chr.), eigentlich Laozi, auch Lau Dsi oder Lau Dan,

nur legendenhaft fassbarer chines. Philosoph, Begründer des Taoismus,

Laotse bedeutet 'der Alte', sein Sippenname war 'Li Erl'

Das Schönste

Das Schönste ist in dieser Welt
Der Friede im Gemüt,
Der wie die Lilie auf dem Feld
Auch unter Stürmen blüht.

Er gibt uns Trost zu jeder Zeit,
Wo sonst kein Trost uns blieb,
Drum bitte Gott, der ihn verleiht:
Den Frieden, Herr, mir gib!

Nicht ist's die Weisheit, nicht die Macht,
Draus uns das Glück entspringt,
Nicht Reichtum ist's nicht eitle Pracht,
Die uns den Segen bringt;

Nicht des Genusses Augenblick
Ist's, der uns wahrhaft lohnt,
O nein, es blüht des Lebens Glück
Nur, wo der Friede wohnt!

Drum frage nicht nach äußerm Schein,
Er blendet nur den Sinn,
Er läßt das Herz nicht fröhlich sein,
Und schwindet bald dahin -

Wenn dir das Schönste werden soll,
So hab' die Menschen lieb,
Gott aber bitte demutsvoll:
Den Frieden, Herr, mir gib

Hermann Köhler (19./20. Jhdt.), dt. Dichter
Quelle: Köhler, Glaubensklänge. Eine Liedergabe für das Christenherz.

„Krieg ist zuerst die Hoffnung, dass es einem besser gehen wird,
hierauf die Erwartung, dass es dem anderen schlechter gehen wird,
dann die Genugtuung, dass es dem anderen auch nicht besser geht
und hernach die Überraschung, dass es beiden schlechter geht.“
Karl Kraus (1874 – 1936)
Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker, Dramatiker

Der höhere Friede

Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen
Menschen waffnen, auf der Zwietracht Ruf,
Menschen, die im Busen Herzen tragen,
Herzen, die der Gott der Liebe schuf:

Denk' ich, können sie doch mir nichts rauben,
Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt,
Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben,
Der dem Hasse wie dem Schrecken wehrt;

Nicht des Ahorns dunkelm Schatten wehren,
Daß er mich im Weizenfeld erquickt,
Und das Lied der Nachtigall nicht stören,
Die den stillen Busen mir entzückt.

Heinrich von Kleist (1777 - 1811), dt. Dramatiker, Novellist, Bühnenschriftsteller und Erzähler,
Quelle: Kleist, H., Gedichte

Unser Wille?

Terrorängste, Attentate,
Pflegenotstand, Habgier, Neid.
Klimawandel, Erderwärmung,
Robbenschlachtung, Einsamkeit.

Suizide, Kinderschändung,
Amokläufe, Drogen, Krieg.
Egoismus, Korruptionen,
Schlachten, bis zum letzten Sieg.

Rassenhass und Diktaturen,
Hungersnöte, Mobbing, Zank,
Massenmorde, Dopingfälle,
nerven- und auch strahlenkrank.

Altersarmut, Wuchermieten
bremsen manchen Lebenslauf;
Glaubenskriege, Hetzkampagnen -
wann hört dieses Chaos auf?

Frieden, Güte, Licht und Wonne,
Rücksicht als ein Meilenstein,
Nächstenliebe, Lebensfreude
müssen uns`re Ziele sein!

Norbert van Tiggelen, (1964-2022)

Weß ist der Erdenraum? Des Fleißigen.
Weß ist die Herrschaft? Des Verständigen.
Weß sei die Macht? Wir wünschen alle, nur
Des Gütigen, des Milden. Rach’ und Wuth
Verzehrt sich selber. Der Friedselige
Bleibt und errettet. Nur der Weisere
Soll unser Vormund seyn. Die Kette ziemt
Den Menschen nicht und minder noch das Schwert.
Johann Gottfried von Herder (1744 - 1803), deutscher Kulturphilosoph, Theologe, Ästhetiker, Dichter und Übersetzer
Quelle: Herder, Zerstreute Blätter (6 Sammlungen), 1785-97. Sechste Sammlung, 1797. VII. Legenden. Aus: Die Fremdlinge

Solange tausendfältig Kain den Abel

Unblutig oder blutig, noch erschlägt;
Und nicht der Streit, den einst erregt zu Babel
Des Sprachenkampfs Erinnys, beigelegt –
Solang' nicht Poesie als Taub' im Schnabel
Des ewigen Völkerfriedens Ölzweig trägt –
Solang, sag ich euch, trotz der Fanfaren
Des Fortschrittsjubel, sind wir noch Barbaren!
Robert Hamerling (1830 - 1889), österreichischer Roman- und Bühnenautor