Ukraine

seit 2014


An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich betonen, dass der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine ein klarer Verstoß gegen Artikel 2 der UN-Charta ist und damit ein schweres, mit Nichts zu rechtfertigendes Verbrechen begangen wurde. Ferner sind die Berichte über Kriegsverbrechen, die humanitäre Katastrophe und die vielen militärischen und obendrein die vielen zivilen Opfer kaum zu ertragen. Das ist das Gesicht des Krieges, des Todes, eines jeden Krieges - da Krieg die Abkehr allen Menschseins bedeutet. (TS, 11.11.2022)

Dieser bis jetzt anhaltende Krieg begann bereits vor 8 Jahren.

"Zerrissene Ukraine - zwischen Freiheit und Krieg"

"Sein Enkel Iwan kämpfte in der ukrainischen Nationalgarde. Er wurde 23."

"Etwas anderes als Krieg kennt er nicht."

"Man kann doch kein neues Land aufbauen auf den Gräbern seiner eigenen Bürger."

"W. ist eigentlich Bergarbeiter aus Donezk. Sein jüngerer Bruder [A.] kämpft beim Feind."

"Haben Sie sich jemals vorgestellt, dass sie ihren Bruder mal treffen könnten auf dem Schlachtfeld?" - A: "Natürlich. Ich verstehe, dass er schießen wird. Ich bilde ja selbst Scharfschützen aus. Ich würde so schießen, dass er sich nicht mehr bewegen kann. Aber ich würde ihn nicht umbringen.""

Warum der Krieg in der Ukraine schon viel früher begann | 2015 | WDR Doku

"Die ARD Korrespondentin Golineh Atai prägte zu Beginn die Berichterstattung über den Krieg in der Ostukraine. Anfangs noch von den Maidan-Protesten in Kiew, dann von der russischen Annexion der Krim, später auch aus den Kampfgebieten. In dieser Doku schaute Golineh Atai auf den Zustand der Ukraine 2015 und zog nach eineinhalb Jahren Berichterstattung Bilanz. Weil der Film tiefe Einblicke in das Land liefert, die bis heute aktuell sind, haben wir uns entschieden, die Doku als Hintergrundinfo zur aktuellen Situation noch einmal hochzuladen. Die Aussagen und Fakten im Film wurden seit 2015 nicht aktualisiert.

Die Ukraine im Sommer 2015. Das Aufbruchsgefühl vom Maidan war einem Krieg im Osten des Landes gewichen und auch die in Minsk verhandelte Waffenruhe im Frühjahr 2015 hatte dem Land keinen echten Frieden gebracht. Im Gegenteil – langsam wurden die Verwüstungen der schweren Kämpfe sichtbar, sowohl die physischen, als auch die psychischen. Die genaue Zahl der Toten kannte keiner, von tausenden war die Rede. Zehntausende Zivilisten und Kämpfer waren verletzt und traumatisiert. Fast eine Millionen Menschen wurden zu Flüchtlingen im eigenen Land. Städte, Siedlungen, Infrastruktur waren zerstört und in den besetzten Gebieten wehten die Flaggen der Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Die Ukraine war zerrissen zwischen dem Wunsch nach Aufbruch und einem Krieg der nicht enden wollte.

Golineh Atai traf auf ihrer Drehreise durch die Ukraine 2015 auf Menschen, die ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen wollten. Denn von der Regierung in Kiew waren sie enttäuscht. Noch immer lähmte die Korruption den Staat, noch immer ernannten Politiker Spitzenbeamte nicht nach ihren Leistungen, sondern nach persönlicher Bekanntschaft und gegenseitigen Gefälligkeiten. Oligarchen hatten nach wie vor Teile des Landes im Griff, staatliche Institutionen mussten neu aufgebaut werden und die Industrie im Osten des Landes lag am Boden. Dort wo der ukrainische Staat versagte, ergriffen Freiwillige die Initiative und dafür, dass überhaupt etwas in der Ukraine lief, war eine immer stärker werdende Zivilgesellschaft verantwortlich. Die Doku fängt viele verschiedene Stimmen ein und zeigt, dass für die meisten Ukrainer:innen, der Krieg in der Ukraine schon viel früher begann.

Dieser Film wurde im Jahr 2015 produziert. Alle Aussagen und Fakten entsprechen dem damaligen Stand und wurden seitdem nicht aktualisiert."

WDR Doku, ARD Korrespondentin Golineh Atai, 01.03.2022


Sind stationierte NATO-Truppen vor Russland überhaupt erlaubt?

Bundespressekonferenz 2016, Jung & Naiv, 15.06.2016

NATO-Russland-Grundakte | Paris 1997

Hier wurde keine dauerhafte Stationierung substantieller NATO-Kampftruppen im Osten vereinbart.

Seit vielen Jahren sind dort allerdings NATO-Soldaten durchgängig stationiert und erst am 27. Juni 2023 wurde bekannt gegeben, dass 4.000 Bundeswehrsoldaten schrittweise nach Litauen verlegt werden sollen um die NATO-Ostflanke zu sichern.

Tilo Jung von "Jung & Naiv" stellte demnach zurecht diese Frage bereits vor ziemlich genau 7 Jahren in der Bundespressekonferenz am 15.06.2016, einen Tag nach dem offiziellen NATO-Beschluss, Kampftruppen in Polen sowie in Estland, Lettland und Litauen, also vor Russland, zu stationieren.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich betonen, dass die NATO-Russland-Grundakte eine völkerrechtliche Absichtserklärung zwischen der NATO und Russland war, mit dem Ziel, ihr Verhältnis aus Misstrauen und gegenseitiger Bedrohung zu überwinden und einen Ausgleich zwischen den sicherheitspolitischen Interessen der NATO-Partner einerseits und Russlands andererseits herzustellen.


Panorama über das Säbelrasseln zwischen NATO und Russland

Panorama | NDR

"Militärmanöver und eine aggressive Rhetorik:

So stehen sich Russland und die NATO momentan gegenüber.

Eine Situation, die an die Zeiten des Kalten Krieges erinnert."

ARD, NDR, 24.06.2016


Wie ist die Stimmung auf der Krim? Golineh Atai aus Sewastopol

"Es gibt hier zum Einen die ethnischen Russen, die jetzt Angst haben, dass sie unter den neuen Machthabern in Kiew kein Russisch mehr sprechen dürfen. (...) Viele Anwohner haben uns gestern Nacht erzählt, dass viele sich hier Waffen besorgen und Angst haben, so wörtlich, vor den Faschisten in Kiew.

Und zum Anderen gibt es in der Hauptstadt der Krim, in Simferopol, jetzt gerade eine Demonstration mit tausenden Krim-Tartaren (...), sie schwingen gerade ukrainische Flaggen und sagen, sie hätten Angst vor einem russischen Anschluss..." Golineh Atai

Berkut (Spezialeinheit) – Wikipedia | ARD Mittagsmagazin, 26.02.2014


Seit 2014 gibt es einen nun seit 8 Jahren andauernden Konflikt in der Ukraine, ausgehend vom Euromaidan über die Krimkrise, das Referendum und die Abspaltungen bzw. Separatistenbewegungen im Donbass, der Ostukraine (wobei deren Ursprünge bereits deutlich früher terminiert werden können). Am 24.02.2022 ist dieser nun durch den offiziellen Angriff Russlands auf ukrainische Militäreinrichtungen im gesamten Land - einem klaren Völkerrechtsbrucheskaliert zu einem Krieg. Seither gibt es einen ununterbrochenen und immer weiter eskalierenden Krieg, der wohl mittlerweile der mit Abstand weltweit gefährlichste ist, aufgrund des Potentials eines III. Weltkriegs in nuklearer Dimension. Es ist auch der einzige Krieg, in dem eine Nuklearmacht einer weiteren Atommacht quasi gegenübersteht - allem Anschein nach (und vielen Aussagen dazu) in einem Stellvertreterkrieg. Die NATO, in persona v.a. Generalsekretär Jens Stoltenberg, betont zwar immer wieder, keinesfalls Kriegspartei werden zu wollen, ist offiziell als Bündnis auch noch unbeteiligt, wird aber immer weiter aufgrund der interstaatlichen Absprachen zu Waffenlieferungen hineingezogen - die Länder besprechen sich untereinander, agieren dann aber im Namen des eigenen Landes und nicht im Namen der NATO, um einer direkten, offiziellen Intervention auszuweichen.

Die Fronten sind verhärtet wie nie und die Eskalationsspirale dreht sich.

Im Raum steht also nichts Geringeres als das unvorstellbar Schlimmste, was der Menschheit passieren könnte: die zwei größten Nuklearmächte der Welt beginnen einen Krieg.

Präsident der Ukraine Wolodymyr Selenskyj sagte am 1. Dezember in seiner jährlichen Ansprache zur Lage der Nation vor dem Parlament:

„Wir müssen die Wahrheit sagen, dass wir den Krieg ohne direkte Verhandlungen mit der Russischen Föderation nicht stoppen werden.“*

ukrinform.de, 01.12.2021

Es gibt unzählige Aussagen darüber, dass der "Kalte Krieg", in dem in buchstäblich letzter Sekunde ein Atomkrieg abgewendet wurde, nicht annähernd so gefährlich war, wie die jetzige Situation. Denn: es existieren (zumindest offiziell) beinahe keinerlei ernsthaften Gesprächskanäle oder -angebote mehr bzw. sie werden abgelehnt/verweigert und bisher gibt es offiziell keine ernsthaft diskutierte Exit-Strategie. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verfolgt auch keine Exit-Strategie mehr in diesem Sinn. Sein erklärtes Ziel ist mittlerweile, das gesamte Territorium erst wieder freischießen zu wollen, um dann ggf. Verhandlungen aufzunehmen. Das war einmal anders - noch bis zum März 2022*. Die weiteren Beteiligten/Unterstützer sind sich zwar einerseits einig darin, dass die ukrainische Regierung allein über das Vorgehen zu entscheiden hat, allerdings trotz allem gespalten in der Frage des Ziels. Welcher Zustand soll wiederhergestellt werden - der Zustand vor dem 24.02.2022 oder der vor der Krimannektion 2014? Schon hier zeigt sich ein Widerspruch: wenn man feststellt, die ukrainische Linie komplett mitgehen zu wollen, dann kann man die Frage des Ziels auch nicht relativieren. Dann geht es um den territorialen Zustand in 2014. Da jedoch wohl selbst die meisten erklärten Waffenlieferungsbefürworter und Verhandlungsgegner ("das ist der falsche Zeitpunkt") dieses Ziel für relativ unrealistisch befinden, kommt dieser Widerspruch zustande.

Das Resultat dessen: keiner weiß so wirklich, wo es überhaupt hingehen soll. Viele Militärs (und auch Andere) jedenfalls bezweifeln das ukrainische Totalziel (als zu unrealistisch) stark. Nichtsdestotrotz wird erst einmal scheinbar unbeeindruckt der eigenen Widersprüche und der weltweiten Einsprüche und Appelle für sofortige Verhandlungen im Zuge eines Waffenstillstands weitergemacht wie bisher - ggf. in der Hoffnung auf eine Eingebung?

Absage an GebietsabtrennungenSelenskyj offenbar bereit über Neutralität der Ukraine zu verhandeln*

"Garantiestaaten könnten die USA, die Türkei und die Nachbarländer sein. Russland müsse zweifelsfrei die ukrainische Staatlichkeit anerkennen."

Tagesspiegel, dpa/AFP, 09.03.2022, 11:16 Uhr


Wenn man Wolodymyr Selenskyjs sicherlich vernünftigen Vorschlag aus dem März liest und dann die Nachricht des geforderten Präventivschlags Anfang Oktober, verschlägt es einem erst einmal die Sprache:

"Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mit seiner Forderung nach «Präventivschlägen» einen empfindlichen Nerv getroffen – nicht nur in Moskau.

Die Nato «muss die Möglichkeit eines Atomwaffeneinsatzes durch Russland ausschließen. Wichtig ist aber – ich wende mich wie vor dem 24. Februar deshalb an die Weltgemeinschaft – dass es Präventivschläge sind, damit sie wissen, was ihnen blüht, wenn sie sie anwenden.» Er betonte: «Nicht umgekehrt: Auf Schläge von Russland warten, um dann zu sagen: «Ach du kommst mir so, dann bekommst du jetzt von uns» (...) «Einen Atomschlag gegen die Ukraine werde Putin nicht überleben», so der 44-Jährige.

 «Die Erklärungen Selenskyjs sind nichts anderes als ein Aufruf zum Beginn des III. Weltkriegs mit unvorhersehbaren schrecklichen Folgen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Auch das russische Außenministerium kritisierte Selenskyjs Äusserungen heftig.

Außenamtssprecherin Maria Sacharowa behauptete, der Westen zettele einen Atomkrieg an.

US-Präsident Biden sieht die Gefahr einer atomaren Konfrontation mit katastrophalen Folgen nach Drohungen aus dem Kreml so groß wie seit 60 Jahren nicht mehr. Die Welt habe seit der Kuba-Krise 1962 nicht vor der Aussicht auf ein «Armageddon» gestanden, sagte er laut mitreisenden Journalisten in New York."

„Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft.“

Bertolt Brecht

ABER:

"Alles ist möglich! Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen."

Hermann Hesse


Sehr geehrter Bundeskanzler Scholz,

Artikel 56 GG:

"Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."

Ich hoffe, Ihnen hilft Gott und gehe davon aus, dass Sie wissen, was Sie tun.


Zur Wahrheit gehört also auch, dass dieser Krieg nicht erst am 24.02.2022 begonnen hat, sondern seit 2014 besteht und bis zum 24.02.2022 bereits weit über 14.000 Menschen sinnlos ihr Leben in diesem langjährigen Krieg verloren haben - neben den zahlreichen Verwundeten, (Schwerst-)Verletzten und traumatisiert Hinterbliebenen. Und anstatt einer Deeskalationsstrategie oder zumindest einmal eines mutigen Vorstoßes in diese Richtung, vernehmen wir täglich weitere Eskalationen aus allen Richtungen, die die Situation immer noch weiter verschärfen. Da drängt sich unweigerlich die Frage nach der Risikoabschätzung aller Beteiligten auf. Und: was macht sie eigentlich so sicher, dass sie uns dauernd erzählen, wir bräuchten keine Angst zu haben - während die Oberhäupter und Excellenzen, Präsidenten und Regierungsvertreter vom Rest der Welt vor einem III. Weltkrieg, gar einem nuklearen Krieg mittlerweile unablässlich warnen, äußerst besorgt sind und einen schnellstmöglichen Waffenstillstand einfordern. Was wissen sie denn nicht, was unsere "westlichen Verantwortlichen" aber wissen? Wir sollen nicht besorgt sein?

Zu spät.